Samstag, 20. Mai 2017

BFC Dynamo - Carl Zeiss Jena 0:4 (0:2)

Deutschland, Regionalliga Nordost, 34. Spieltag, 20.5.2017
Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark, 1.220

Am Spielfeld waren die Rollen klar verteilt. BFC Dynamo bemühte sich zwar, kämpferisch dagegenzuhalten, doch die schon zuvor als Meister und Teilnehmer an der Aufstiegsrunde für die 3. Liga feststehenden Gäste aus Jena bestimmten das Geschehen am Platz. Dynamo-Chancen hielt der Jena-Goalie.
Auf den Rängen waren die Rollen ebenfalls recht ungleich. Während aus dem Jena-Auswärtsblock um die Horda Azzuro Ultrà-Gesänge zu hören waren, gab es im heimischen Fanblock auf der Gegengerade nach einem Fahnen-Intro u.a. „Dynamo!“ und „Zehnmal deutscher Meister!“-Chants. Die Fanszene ist seit jeher von Hooligans und Gewaltpotential geprägt, was sich hier auch durch die Entstehung von Ultrà-Gruppen nicht wesentlich änderte. Durchgängigen Support gibt es hier nicht. Trauriger Tiefpunkt der Fangeschichte: Bei Ausschreitungen bei einem Auswärtsspiel bei Sachsen Leipzig wurden am 3. November 1990 von überforderten Polizisten fünf Menschen verletzt und der BFC-Fan Mike Polley erschossen.
Der BFC Dynamo wurde 1954 durch Versetzung eines Teils der Mannschaft von Dynamo Dresden nach Berlin gegründet. Wie alle Dynamo-Vereine gehörten sie zum Polizeiapparat der DDR. Bis Ende 1965 hieß der Verein SC Dynamo Berlin, bis im Zuge der landesweiten Neuorganisation alle Fußballsektionen aus den allgemeinen Sportvereinen herausgelöst und der BFC Dynamo als Fußballverein gegründet wurde. Mit Unterstützung des Stasi-Chefs Erich Mielke, der für Verfolgung, Überwachung und Unterdrückung politischer Freiheit in der DDR zuständig war, wurden nach dem Aufstieg in die DDR-Oberliga 1968 aus sportpolitischen Gründen gute Spieler aus anderen Vereinen nach Berlin versetzt und BFC Dynamo schließlich von 1979 an bis 1988 zehnfacher Serienmeister. Nach Verlust der finanziellen und politischen Unterstützung war der Erfolg mit dem Ende der DDR vorbei (nicht jeder Schiedsrichterpfiff soll astrein gewesen sein). Es ging in Regionalliga und Oberliga und nach der Insolvenz 2001 auch kurz in die Berliner Meisterschaft hinunter. Von 1990 bis 1999 nannte sich der Verein FC Berlin, wurde dann nach Drängen der Fans aber wieder BFC Dynamo rückbenannt.
Der Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark wurde 1952 direkt neben der quer durch Berlin verlaufenden BRD-DDR-Grenze eröffnet. Bis Ende des 19.Jh. war hier ein militärischer Exerzierplatz, auf dem dann Hertha BSC bis 1904 seine erste Spielstätte hatte. 1913 errichtete die Stadt Berlin am Gelände eine Spiel- und Sportanlage. Für das Ostblock-Sportgroßereignis der Weltjugendfestspiele wurde dann 1951/52 das heutige Stadion errichtet. Neben dem sogenannten Großen Stadion gibt es im Sportpark noch das Kleine Stadion und zwei weitere Nebenplätze. Zunächst hieß das Gelände Berliner Sportpark, wurde dann aber 1952 zum 100. Geburtstag des Begründers der deutschnationalen Turnbewegung Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark benannt. 1986/87 wurde das Stadion saniert und die Tribünen erhielten mit dem Neubau der Haupttribüne, der Überdachung der Gegengerade und den Flutlichtmasten ihre heutige Form. 1998 wurden die bunten Schalensitze im Stadion angebracht. Die DDR-Fußballnationalmannschaft spielte hier von 1971 bis 1990 zehn Länderspiele. Bis zur Übernahme durch den BFC Dynamo wurde das Stadion ab 1953 im alltäglichen Spielbetrieb von Vorwärts Berlin genutzt, bis dieser zuvor in Leipzig gegründete und dann nach Berlin übersiedelte Verein 1971 nach Frankfurt/Oder versetzt wurde. Sechsmal wurde Vorwärts Berlin hier zwischen 1958 und 1969 DDR-Meister. Von 1971 bis 1992 spielte hier, mit Ausnahme der Saison 1986/87, dann der BFC Dynamo. Er feierte hier neun seiner zehn DDR-Meistertitel und trug seine Europacupspiele aus. BFC Dynamo spielte danach wieder im Sportforum Hohenschönhausen, wo man seit 1961 seinen Sitz hat, und kehrte erst mit dem Regionalliga-Aufstieg 2014 wieder regulär hierher zurück. Sowohl Hertha BSC als auch Union Berlin, aber auch andere Berliner Vereine, nutzten den Jahn-Sportpark seit der deutschen Wiedervereinigung mehrmals als Ausweichstadion.
Für die Austragung des Finales der Women's Champions League 2015 wurde der Jahn-Sportpark zuletzt renoviert. Aufgrund maroder Bausubstanz soll das Stadion frühestens ab 2020 abgerissen und wahrscheinlich schrittweise ein neues Stadion gebaut werden.


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